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Hier schwimmen 900 Tonnen Stahl über den Teltowkanal
13.09.2023, 8:00
Beim Ausbau der sogenannten Dresdner Bahn ist mit dem Einschub der neuen Eisenbahnbrücke über den Teltowkanal das nächste Etappenziel erreicht. DB Welt war bei der spektakulären Aktion dabei.
Kipppunkt erreicht: Die Brücke ist so weit in Richtung Teltowkanal geschoben, dass ihr Gewicht vom Stützenturm auf dem Ponton getragen wird – der 900 Tonnen schwere Stahlkoloss schwimmt. (Fotos: DB/Constanze Wolk) © DB AG
„Eigentlich kann gar nichts schiefgehen“, sagt Dariusz Gondek. „Wir haben alles genau berechnet und bis ins kleinste Detail geplant.“ Der Bauüberwacher von DB E&C ist seit 6:30 Uhr auf der Baustelle südlich des S-Bahnhofs Attilastraße im Berliner Stadtteil Tempelhof und beobachtet das Geschehen mit Argusaugen. Am Nordufer des Teltowkanals wartet der Star des Tages: Die neue Stabbogenbrücke, über die künftig die zweigleisige Fernbahnstrecke Berlin–Dresden über den Teltowkanal führen wird. 900 Tonnen wiegt die Stahlkonstruktion, die es gilt, zum gegenüberliegenden Ufer zu manövrieren, bis sie dort sicher aufliegt. Das Besondere bei der Aktion am vergangenen Donnerstag: Das Schwergewicht wird einen großen Teil der Strecke schwimmend eingeschoben.
Dariusz Gondek, Bauüberwacher bei DB E&C, hat den Brückeneinschub und die gesamte Vorbereitung begleitet. © DB AG
„Alles muss jederzeit kontrollierbar bleiben“
Seit gut einem Jahr betreut der Bauüberwacher der DB E&C im Auftrag von DB Netz den Aufbau und Einschub der neuen Teltowkanalbrücke in allen erforderlichen Arbeitsschritten. „Der Erfolg einer derart komplexen und technisch anspruchsvollen Aufgabe hängt entscheidend vom Gesamtteam ab: insbesondere von der Projektleitung, den beauftragten Spezialfirmen, den Sachverständigen, der Planung und Terminsteuerung“, sagt Gondek.
Gefertigt wurde die Stabbogenbücke von einer Stahlbaufirma im vogtländischen Plauen und ab März 2023 in mehreren Segmenten angeliefert. Die Endmontage der 67 Meter langen, 12,5 Meter hohen und 12 Meter breiten Konstruktion erfolgte bis Mitte August direkt vor Ort. Anschließend musste sie von der Montagefläche gut 100 Meter in Richtung Teltowkanal geschoben und für das „Einschwimmen“ positioniert werden. „Die Herausforderung ist jetzt, dass alles stabil und jederzeit kontrollierbar und berechenbar bleibt“, so Gondek. Um das zu gewährleisten, findet der Einschub etappenweise statt – Zentimeter um Zentimeter.
Ponton trägt das Gewicht
Los geht‘s um 7:30 Uhr. Geschoben wird die Brücke zunächst nur so weit, dass sie den Kipppunkt nicht erreicht und ihr Gewicht auf dem 14 Meter hohen Stützenturm auf dem am Ufer fest vertäuten Ponton aufliegt. Diese erste Etappe ist gegen Mittag geschafft. Nun muss der Ponton „ballastiert“ werden, damit der Stahlkoloss stabil und in der richtigen Einschubhöhe aufliegt. Dazu wird Wasser aus dem Ponton gepumpt, bis Höhe und Ausrichtung stimmen.
Um später die Auflagepunkte am anderen Ufer zu erreicht, wird die Brücke nun noch etwa zehn Meter weitergeschoben. Das geschieht auf speziellen Gleitplatten, die oben auf den Stützen angebracht sind, die die Brücke auf dem Ponton tragen. Für ein langsames und gleichmäßiges Gleiten sorgen eine Teflon-Beschichtung und reichlich Schmierseife.
Insgesamt elfeinhalb Stunden Anspannung
Gegen 11 Uhr liegt die Brücke auf dem Ponton schließlich in Position und ist gesichert. Die nächste Etappe kann beginnen: das Übersetzen des Pontons ans andere Ufer des Teltowkanals. Die rund 30 Meter Wasserweg sind in zwei Stunden geschafft und nach dem der Ponton dort fest gemacht ist, startet die vorletzte Etappe: Nun muss die Brücke zunächst noch rund zehn Meter auf der Hilfsstütze am Südufer geschoben und sicher auf dem dortigen Verschublager positioniert werden. Im letzten Arbeitsschritt wird die Brücke bis in ihre endgültige Position auf dem Widerlager weitergeschoben und legt dabei die letzten rund 16 Meter zurück.
Dieser Verschubvorgang gestaltet sich dann allerdings schwieriger als gedacht. „Die Teflon-Schicht einiger Gleitplatten hatte sich beim Schiebevorgang mehr abgenutzt, als vorauszusehen war“, erklärt Bauüberwacher Gondek. Folge: Die Brücke gleitet nun nicht gleichmäßig über den Stützenturm, sondern kommt nur ruckweise voran. „Wir haben deshalb eine längere Pause eingelegt und gemeinsam mit den anwesenden Experten beraten, ob wir abbrechen oder weitermachen.“
(CO)